20.1.2012, Leipzig, Haus Auensee

20.1.2012, Leipzig, Haus Auensee

Guten Morgen, liebes Tagebuch,

nach ein paar Nächten im eigenen Bett, die ich zum Teil mit meiner kleinen Tochter auf dem Bauch verbracht habe (sie muss ja ausnutzen, wenn der Papa mal da ist…), heißt es heute wieder aufbrechen nach Gröbenhell zum Proberaum und dort in den Nightliner zum nächsten Tourblock steigen. Das Wetter bei mir ist hundsmieserabel, erst schneit es, dann regnet es auf die gefrorenen Böden und entsprechend „lustig“ ist die Fahrt.
leipzig_20-1-9
Eigentlich sollte ich Anna noch im Tal der Ahnungslosen abholen, aber nach dem Konzert in Mainz, wo sie schon Probleme auf der Bühne hatte, ist der Entschluss, nicht weiter aufzutreten, aus jeder Sicht mehr als verständlich. So darf Ersatzfrau Ally schon drei Shows früher als geplant mit uns auf Tour und auf die Bühne. Sorgen muss sich da niemand machen, Ally macht einen souveränen Job und ist zudem bühnenerfahren.
Neben Ally haben wir noch einen Ersatzmann an Bord, Gregor springt kurzfristig an diesem Block für Murdock als Backliner ein, weil der Gute so viel um die Ohren hat, dass ihm ein paar Tage zuhause gerade recht kommen.

Ich breche also ohne Anna auf und erreiche ohne weitere Probleme das Flachland und den Münchner Westen. Unser Bus steht schon bereit und wir packen alles an Bord, um dann zeitig aufzubrechen. Der Abend klingt in gemütlicher Runde aus und ich krabbel irgendwann in meine Koje. Vorher besuche ich noch die Bustoilette und schaffe nahezu Unmögliches. Die Verriegelung funktioniert über die Türklinke, die einfach nach oben gedrückt wird. Beim Verlassen muss ich da irgendwie rangekommen sein, jedenfalls ist die Türe jetzt zu und von innen verriegelt. Klar, dass sowas MIR passiert… Mit vereinten Kräften – ich werde vorsorglich in die Koje geschickt, bevor ich noch mehr kaputt mache, wird die Türe geöffnet und der Bus kann weiter rollen.
Pünktlich um 10 stehe ich auf und wecke Matthias, der heute zum Interview antreten darf, dann begebe ich mich in die Hallen von Haus Auensee, um mich im riesigen Backstagebereich einzurichten. Büro aufbauen, Musik an und dem täglichen Wahnsinn nachgehen.

Haus Auensee liegt – wie der Name bereits vermuten lässt – an einem See, der, wer hätte es vermutet, Auensee heißt und mich wie immer wenn wir hier sind zum Rundgang einlädt. Musik aufs Ohr und ab dafür. An den Infotafeln erfahre ich, dass das Gewässer 12 Hektar groß und ca. 10 Meter tief ist und nur durch Grundwasser gespeist wird, deshalb belastet ist und man das Wasser künstlich mit Sauerstoff anreichert, um eine Eutrophierung zu verhindern. Spannend….
Noch spannender ist die Gruselgeschichte, die sich vor nicht allzu langer Zeit im Haus Auensee abgespielt hat: Hier ist wohl jemand beim Versuch, wieder auf eine Veranstaltung zu gelangen, in einem Lüftungsschaft stecken geblieben und dort umgekommen. Nichts desto trotz mag ich diese Halle, der Sound ist zwar immer etwas schwierig und es ist saukalt, trotzdem ist das Ambiente einfach etwas Besonderes und Leipzig zudem jedes Mal Partygarant.

Ab und zu gibt es auf Tour die kleinen Bonbons für die verspannten Musikerrücken und es gibt Massage. Heute ist so ein Bonbon-Tag und Kati und Christina laufen gleich zu zweit auf (wer die beiden buchen will: Frangler1@web.de) und kneten sich durch Knötchen und Knoten. Toll! Da will Mann und Frau gleich liegen bleiben.

Der Soundcheck am Nachmittag steht dann ganz im Zeichen von Ally und so spielen wir Nummern, auf die sonst im Traum niemand käme, z.B. „Dein Anblick“ und „Walpurgisnacht“, also Nummern, die wir blind rückwärts spielen können. Ist unterm Strich aber egal, es geht schließlich um den Sound und vor allem darum, dass Ally sich wohlfühlt. In Hallen wie diesen macht für mich persönlich ein Soundcheck eh nur Sinn, um zu testen, ob alles funktioniert. Ohne Dämmfleisch (so nennen Tontechniker das Publikum…) scheppert hier eh alles und ich weiß, dass Cese mir zur Show was Schönes aufs Ohr zaubern wird. Bis dahin erfreue ich mich mehr oder weniger am Großraumhall von Haus Auensee.

Die Zeit bis zur Show vergeht relativ schnell und nachdem Burn die Bühne geräumt hat läuft das Intro und wir starten. Leipzig feiert wie erwartet und Ally meistert die erste Show mit uns mit Bravour! Gregor und ich haben anfangs kleine Schwierigkeiten in der Feinabstimmung, das haben wir aber nach wenigen Nummern raus und so wird der restliche Abend ein großes Vergnügen.

Hinterher sind wir wieder für Unterschriften, Fotos und Gespräche draußen bei den Fans, bis die Halle schließlich geräumt wird und wir uns an Bord der Busse begeben und aufbrechen in den Norden der Republik. Wilhelmshaven und Kiel stehen in diesem Block noch auf dem Stundenplan.
Nach einem kleinen Absacker in Form eines feinen Single Malt ruft mich die Koje. Diesmal ohne technische Unfälle vorher…

Hipp Höpp

Ducky