20.12.2015, Fürstenfeldbruck, Stadtsaal

20.12.2015, Fürstenfeldbruck, Stadtsaal

 800 Kilometer und ein straffer Zeitplan. Dank Doppelfahrer kommen wir rechtzeitig in Fürstenfeldbruck an und Monique schafft es mit ihrem Truck ebenfalls. Wie, das bleibt allerdings ihr Geheimnis. Vielleicht per Fluxkompensator…

Es ist seltsam, hier mit einem Nightliner zum Konzert zu fahren. Exakt 12 Kilometer entfernt ist der Proberaum und etwa genauso weit das Haus meiner Eltern. Ich bin hier aufgewachsen und sooft da, dass ich, obwohl ich selbst inzwischen im Bayerischen Wald lebe, hier nach wie vor meine zweite Heimat habe.

Tschüß Hotel

Tschüß Hotel

So werde ich heute Nacht auch vom Nightliner in mein ehemaliges Kinderzimmer wechseln. Doch soweit ist es noch lange nicht. Als einer der ersten bin ich wach und laufe erst einmal ziemlich planlos durch die Gegend, bis ich den Hintereingang finde, der offen ist. Nach ein paar weiteren suchenden Runden finde ich die Backstageräume und das Catering. Rührei zum Selbermachen. Das ist mir eh immer das Liebste.

Im Bandraum habe ich noch freie Platzwahl und eröffne zum letzten Mal auf dieser Tür mein „Büro“. Der Tourbericht zu Hamburg, ganz 2, steht an. Und dann Klingel ich bei meinen Eltern durch, ob sie mich kurz holen können, dass ich mein Auto vom Proberaum zu ihnen umparken kann. Dann kann ich morgen direkt von da durchstarten und spare mir wertvolle Minuten.

Dann geht es wieder zurück in die Halle, rechtzeitig zum 14 Uhr Ritual. Zum letzten Mal auf dieser Tour… Andi hat für diesen besonderen Anlass eine Flasche Champagner dabei. Teuer, aber scheußlich. Oder ich bin einfach nicht rülpsbrausenkompatibel. Mag auch sein. Micha mischt sich den edlen Sauerampfer mit leckerem Birnenlikör und schon schmeckt ihm die ganze Sache.

Mein Mittagsschläfchen wird heute zum kläglichen Versuch, den ich nach 20 Minuten für gescheitert erkläre und wieder in die Halle gehe. Es ist sowieso langsam Zeit für den Soundcheck und danach geht heute alles noch schneller als bisher immer. Denn heute startet die Show bereits um 18 Uhr! Also bleibt nach der Tonprobe noch ca. eine Stunde zum Abendessen und Einstimmen inklusive Umziehen. Das ist so gut wie nichts.

Pünktlich startet Schandmäulchen in den Abend, an dem natürlich viele Familienangehörige im Publikum sitzen. Irgendwie macht einen das aber tatsächlich nervöser als ein normaler Tourabend. Ein letztes Mal feiern wir einen akustischen Abend und wieder wird es ein ganz besonderer. Dann geht es nochmal raus, heute zu Fans und zusätzlich Freunden und Verwandten.

Und dann zerfällt die Reisegruppe langsam, aber sicher. Anna und Birgit fahren nach Hause, ein Teil fährt mit dem Nightliner zum Proberaum, ich selbst zu meinen Eltern. Wir verabschieden uns mehrmals und sehen uns alle schon sehr bald wieder.

Jetzt heißt es, sich ein paar Tage zu erholen, das haben wir alle bitter nötig. Und dann steht da noch dieses Fest ins Haus. Weihnachten. Ehemals Fest der Nächstenliebe, heute eher das des Konsums. An dieser Stelle möchte ich eine kleine, aber wahre Geschichte erzählen, die sich in Hamburg zutrug und die ich mir bis heute aufgespart habe.

Es war vorgestern, da spielten wir in Hamburg. Mein Freund und Lieblingssänger Thomas stand vor der Halle und ein Obdachloser, Fred, kam des Wegs. Thomas kam mit ihm ins Gespräch und dann nahm er ihn mit. Backstage. Zeigte ihm das Buffet und wie die Kaffeemaschine funktioniert, organisierte ihm eine Dusche, gab ihm noch einen neuen Pulli vom Merch und setzte ihn Abends ins Publikum. Er hat damit bestimmt nicht Freds Leben geändert. Aber diesen einen Tag. Mit so wenig. Und ohne großes Aufsehen. Einfach so, weil Thomas eben so ist.

Wenn wir alle lernen würden, das, was wir zu viel haben mit denen zu teilen, die zu wenig haben, dann wäre der Geist von Weihnachten erwacht und dieser Planet ein besserer Ort. Wenn wir es nur irgendwann lernen, unsere Vorurteile abzubauen und das ewige Gefühl, zu kurz zu kommen, ad Acta zu legen.

In diesem Sinne, frohe Weihnachten und einen guten Rutsch

Hipp Höpp

Ducky